Sind wir nicht alle ein bisschen verrückt?

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„Wer zum Psychologen geht, hat ein Problem. Nicht nur das: er oder sie kommt damit scheinbar nicht alleine zurecht. Vielleicht ist die Person auch psychisch krank und muss in eine Anstalt. Dort kriegt sie Medikamente, welche sie träge, langsam und willenlos machen. Mit ein wenig Glück kommt man da wieder raus. Aber richtig gesund und leistungsfähig wird man danach nie mehr…“

Wer kennt sie nicht? Die Bilder und Gedanken, die vielen Menschen durch den Kopf schiessen, wenn sie an Therapie oder Psychiatrie denken. Entsprechen sie der Realität? Oder sind es tatsächlich nur dumpfe Vorurteile aus alten Zeiten?

Laut dem Bericht über psychische Gesundheit in der Schweiz vom Mai 2015 leidet fast jedes 3. Kind im Laufe seiner Kindheit und Jugend an einer Angststörung. 25% leiden irgendwann einmal an einer Störung des Sozialverhaltens und 21% erleben während ihrer Kindheit oder Jugend eine depressive Störung. (Psychische Gesundheit in der Schweiz; Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit (BAG)

Für alle diese Kinder und Jugendlichen wäre eine Therapie oder Beratung sicherlich sinnvoll. Aber entgegen gängiger Vorurteile ist die Einnahme von Medikamenten in wenigen und die Einweisung in eine psychiatrische Klinik in den allerwenigsten Fällen notwendig.

Selbst eine Therapie bei einem Psychiater oder Psychologen werden leider nicht alle in Anspruch nehmen. Vielleicht auch gerade weil sie selber Vorurteile haben und befürchten, sie könnten als „krank“ abgestempelt werden.

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Die Zahlen zeigen uns aber vor allem eines: Psychische Probleme sowie deren Bewältigung gehören zu unserem Leben. Sind wir nicht selber betroffen, so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass jemand aus unserer Familie oder unserem Freundeskreis bereits Erfahrungen damit gesammelt hat. Deshalb sollte unser Umgang damit selbstverständlicher werden, um längerfristig auch mit verstaubten und abschreckenden Klischees aufzuräumen. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet im Moment der Moderator Robin Rehmann, der in seiner Sendung „S.O.S.“ auf Radio SRF Virus, junge Menschen mit psychischen oder chronischen Krankheiten zu Wort kommen lässt.

Um die Hemmschwelle, Hilfe anzunehmen zu senken, sollten auch Psychotherapie und Beratung zu etwas „Normalem“, ja sogar Alltäglichem werden. Viele psychische Schwierigkeiten könnten einfacher präventiv behandelt werden, also bevor sie überhaupt so deutlich zu Tage treten und sich zu einer Störung entwickeln. Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen man uns diesbezüglich einen Schritt voraus ist: In Buenos Aires in Argentinien ist es gang und gäbe, ja sogar ein wenig Hip, einen Therapeuten zu haben, bei welchem man sich mit sich selber und seinem Leben auseinandersetzt. Vielleicht hört man es in ein paar Jahren ja auch in der Schweiz ganz selbstverständlich und nebenbei: „Ich komme ein wenig später, hab noch Sitzung bei meiner Therapeutin.“


  • Was denkst Du dazu?
  • Sind psychische Probleme wirklich so verbreitet oder werden diese Themen von den Medien zu sehr aufgebauscht?
  • Kann eine aussenstehende Fachperson bei persönlichen Themen überhaupt hilfreich sein?
  • Therapie oder Beratung für Jedermann und jede Frau, damit es erst gar nicht oder weniger zu psychischen Störungen kommt. Ist das sinnvoll?

 

Autor: lic. phil. Luca Eugster
Jugendberatungsstelle samowar für den Bezirk Horgen

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